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Neubau für die Kreisverwaltung – mehr schein als sein?

Im heutigen Bauausschuss war wieder einmal der Neubau für die Kreisverwaltung Thema. Die Vollausstattung soll nach aktueller Kostenberechnung etwa 75.000.000 € kosten - da muss man natürlich ausführlich drüber sprechen.
Neubau für die Kreisverwaltung - Tochban Voss Architekten

Im heutigen Bauausschuss war wieder einmal der Neubau für die Kreisverwaltung Thema. Die Vollausstattung soll nach aktueller Kostenberechnung etwa 75.000.000 € kosten – da muss man natürlich ausführlich drüber sprechen. Die Zeit, die man sich nimmt, treibt leider die Kosten immer weiter in die Höhe. Das Problem mit den Kostensteigerungen kennt in diesen Zeiten jeder und muss es schmerzlich erleben.

Das weiß natürlich auch die Politik und bemüht sich um Kosteneinsparungen. Im Fokus dieser Bemühungen steht besonders der zu bauende, gläserne Pavillon, der von den Planern als „Diamant“ oder im Kreistag schon als „Lustschlösschen“ bezeichnet wurde. Es handelt sich hierbei um einen Glaspavillon, der den Eindruck von Dekadenz vermitteln kann, und nach aktuellem Gefühl der Politik auch tut. Ich persönlich kann das nachvollziehen und man möchte für die BürgerInnen so sparsam wie möglich agieren.

Es macht aber nur wenig Sinn etwas wegen des Scheins abzulehnen, um zu hoffen, dass die WählerInnen honorieren, wenn es doch im Detail anders ist, als es scheint. Aktuell werden ständig Räume für Schulungen extern angemietet und das kostet auch Geld und Zeit. Es mussten Sitzungen des Kreistages an anderen Orten stattfinden, da der aktuelle Kreistagssitzungssaal zu Corona-Zeiten nicht genug Platz bietet. Der historische Sitzungssaal kann nur bedingt modernisiert werden. Der Multifunktionsraum des Pavillons würde viele Möglichkeiten bieten Sitzungen, Präsentation oder Schulungen zu halten.

 

Kreisverwaltung Bestuhlung Pavillon
Kreisverwaltung Bestuhlung Pavillon

Wir brauchen solche Räume.
Wir zahlen jetzt schon 1Mio. Miete im Jahr.

Es ist auch unstrittig, dass wir solche Räumlichkeiten brauchen, aber es soll am besten nicht nach so viel aussehen. Am besten machen wir einen grauen Klotz ohne Fenster in den Innenhof, dann kommt keiner auf die Idee, dass wir Gelder verschwenden.

Es herrscht auch für den Neubau Einigkeit. Das neue Gebäude hat etwa die gleichen Energiekosten, wie das alte mit halb so vielen Arbeitsplätzen. Aktuell sind die Mitarbeiter auf mehrere Standorte verteilt und auch Aktenlager wurden angemietet – für diese Anmietungen zahlt der Kreis alleine schon jährlich etwa 1.000.000 €.

Der heutige Streichungsantrag der CDU und der Grünen beinhaltete auch den Keller unter dem Pavillon, der hauptsächlich als Aktenlager genutzt werden soll. Die Begründung zur Streichung des Aktenarchivs war unter anderem die Digitalisierung, durch die wir keine Akten mehr lagern müssen. Eigentlich müssten die beiden Parteien es besser wissen, denn bedauerlicherweise ist der Stand der Digitalisierung in der Kreisverwaltung zehn Jahre hinterher – es sollen seit etlichen Jahren die Bauakten eingescannt werden und es kommt immer wieder zu Verzögerungen. Aber das ist ein anderes Thema…

Mit dem Fahrrad zur Kantine.

Der Streichungsantrag brauchte aber noch mehr Potenzial und es wurde die Kantine ins Visier genommen. Potenziell ein leichtes Opfer für Sparmaßnahmen, denn eine Kantine beeinträchtigt nicht die Arbeit der Kreisverwaltung – so ähnlich wurde das im Ausschuss tatsächlich gesagt. Ich war auch erst skeptisch, da die Kantine im Neubau in der Rosenstrasse nur mäßig angenommen wurde und eine Öffnung für Externe auch nur schleppend eine Verbesserung bringt. Das könnte aber auch daran liegen, dass man einen Termin vereinbaren muss und dann auch noch anrufen muss, um am Seiteneingang reingelassen zu werden. Ein Vorschlag war, dass die Mitarbeiter der Kreisverwaltung in nur fünf Minuten mit dem Fahrrad zur Kantine in der Rosenstrasse fahren könnten. Die Vorstellung, dass sich hunderte MitarbeiterInnen mit dem Fahrrad auf den Weg machen, um durch die Stadt zu fahren, sorgte zumindest für ein Schmunzeln. Wer möchte in seiner Mittagspause Fahrrad fahren? Mal abgesehen davon, dass es mit fünf Minuten nicht getan ist, denn ich muss erstmal zum Fahrrad, hinfahren, Fahrrad wieder abschließen und so werden aus 5 Minuten sicherlich 10 bis 15. Dieses Szenario ist einfach realitätsfern und wird kaum einer machen.Ein weiteres Argument ist, dass es in der Nähe einige gastronomische Angebote gibt, die anstatt einer Kantine genutzt werden können. Es ist aber nicht realistisch und finanziell schwierig, sich regelmäßig einen Mittagstisch im Restaurant zu gönnen, denn das Preisniveau liegt doch über dem einer Kantine – das gilt auch für Fastfood-Angebote wie Döner oder Pizza. Es kommt auch noch der zeitliche Faktor dazu, denn in Restaurants dauert es in der Regel länger bis man sein Essen bekommt. Den Döner könnte man schön entspannt auf dem Rückweg zum Arbeitsplatz essen und könnte seine Mittagspause effizient gestalten (Achtung Ironie).

„Mehr schein als sein.“

Letztendlich spart man auf Kosten der MitarbeiterInnen, um den BürgerInnen zu zeigen, wie man sich doch um Einsparungen bemüht und wie erfolgreich man damit ist. Da wären wir wieder bei dem „mehr schein als sein“. Wertschätzung der Mitarbeiter oder das strategische Ziel des Kreises, ein arbeitnehmerfreundlicher Arbeitgeber zu sein, zählt plötzlich nicht mehr. Dieses Ziel gibt es, da der Kreis massive Probleme hat, seine Stellen zu besetzen und dann kommen wir doch wieder in den Bereich, dass es sich auf die Arbeit der Verwaltung auswirkt. Aber hey, wir haben doch an die Teeküchen in den Räumlichkeiten gedacht – die sind bestimmt schön.

Mein Fazit ist, dass es trotz des dringenden Bedürfnisses möglichst sparsam zu sein, schwer ist, Streichungen an der richtigen Stelle vorzunehmen. Was meint ihr?

Noch ein paar Details für Interessierte

In der Bauausschusssitzung wurde die Einsparung der Kantine mit 7 Dafür-Stimmen, 4 Dagegen-Stimmen und einer Enthaltung beschlossen. Die Abstimmung zum das Weglassen des Pavillons war mit 6 zu 6 Stimmen ein Patt und der Antrag wurde nicht angenommen. Photovoltaik auf den Dächern zur B206 wurde mit 6 zu 5 (bei einer Enthaltung) angenommen. Die Entwicklung eines Parkplatznutzungskonzepts wurde einstimmig angenommen.

Und noch ein paar Zahlen zum Neubau

Kostenaufstellung der verschiedenen Varianten
Kostenaufstellung der verschiedenen Varianten

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